Cyclohexan und Verwandte

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Von allen gesättigten aliphatischen Ringen, den Alicyclen, ist das Cyclohexan der bei weitem wichtigste. Das Molekül hat eine so genannte Sesselform mit D3d-Symmetrie, was man mit einer guten Portion Phantasie auch sehen kann. Die Seitenansicht des Kugel-Stab-Modells (Abb. links) zeigt drei Methylen-Gruppen oberhalb einer gedachten Mittelebene und drei unterhalb. Alle Methylen-Gruppen sind relativ zu ihren Nachbarn gestaffelt. Das ist die energieärmste Konformation und de facto auch die einzige Konformation in der Flüssigkeit und in Lösungen. Man sieht, dass es zwei Arten von Wasserstoff-Atomen gibt, sechs axiale (parallel zur Hauptachse des Moleküls) und sechs äquatoriale (eher pseudoäquatorial). In der Aufsicht auf den Ring (Abb. rechts) ist jedes zweite axiale H-Atom hinter seinem C-Atom und deshalb verdeckt.

Cyclohexan

Bei der Übersetzung in eine geeignete Strichformel (Abb. links) zeigt man die H-Atome nur, soweit nötig. Die axialen und äquatorialen Bindungen (Abb. rechts) sind leicht zu unterscheiden. Der Cyclohexan-Ring zeigt eine schnelles Umklappen, eine Ringinversion, bei der die axialen und die äquatorialen Wasserstoff-Atome ihre Rolle tauschen (beachte die Markierung mit den Subskripten x und y). Auch wenn in den meisten Lehrbüchern der Organischen Chemie andere Konformationen (Wannenform und Twistform) erwähnt werden, spielen diese höchstens eine Rolle als Zwischenstufen der Ringinversion. Cyclohexan kehrt immer in die Sesselform zurück. Wir sagen Cyclohexan sei konformativ starr. Übrigens ist die Ringinversion eine entartete Umlagerung oder Automerisierung, denn Edukt und Produkt sind identisch.

Cyclohexan

Bei monosubstituierten Cyclohexan-Derivaten tritt an die Stelle der eben genannten Automerisierung ein Konformationsgleichgewicht (Abb.). Fast alle Substituenten bevorzugen die äquatoriale Stellung; im Konformer mit axialem Substituenten (Abb. rechts) kommt es mit den axialen H-Atomen in C-3- und C-5-Stellung zu einer Abstoßung; das Gleichgewicht liegt deshalb mehr oder weniger links.

Monosubstitution

Ein kurzer Kommentar zu anderen Alicyclen. Die wichtigsten Vertreter sind Cyclopentan und Cycloheptan. Bei diesen Ringen kann es keine Konformation geben ohne näherungsweise ekliptische Nachbarn. Und schlimmer: Jede der fünf bzw. sieben Methylen-Gruppen kann den Nachbarn mit ekliptischer Konformation haben. Deshalb gibt es viele energetisch gleiche und energetisch ähnliche Konformationen. Solche Ringe sind konformativ weich, gewissermaßen molekularer Pudding. Die Folgen sind dramatisch. Im Vergleich zu Cyclohexan-Derivaten zeigen die entsprechenden Derivate von Cyclopentan und Cyloheptan: viel tiefere Schmelzpunkte, höhere Löslichkeiten und geringere Neigung zur Ausbildung guter Kristalle. Bei Strukturbestimmungen zeigen die Daten oft geringere Qualität und Genauigkeit. Dieser Aspekt aliphatischer Ringchemie sollte eine wichtige Rolle bei der Planung der experimentellen Arbeit spielen.

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