Moleküle mit Cn-Symmetrie

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Für die Punkgruppe C2 gibt es eine sehr charakteristische Gruppe von Molekülen, nämlich die Verbindungen der allgemeinen Formel E2X2, wo E ein Element der 6. Hauptgruppe ist und X ein einbindiger Rest wie H, D, Halogen, CN (nicht alle Kombinationen existieren). Das Urbeispiel ist hier das Hydrogenperoxid-Molekül. Andere gut bekannte Vertreter dieser Klasse sind O2F2 (gasförmig, farblos, extrem oxidierend) und S2Cl2 (flüssig, gelb, verwendet für die Vulkanisierung von Gummi). Die Konformation im Grundzustand wird durch die gegenseitige elektrostatische Abstoßung der einsamen Elektronenpaare an den Atomen E bedingt. Alle diese Moleküe sind chiral und existieren also als Enantiomerenpaare oder Racemate. Da die Enantiomeren sich sehr leicht in einander umwandeln, ist es nicht möglich, die reinen Enantiomeren zu isolieren. Die Racematspaltung scheitert an der schnellen Enantiomerisierung.

Moleküle der Punktgruppe C3 sind selten. Wir geben hier zwei lehrreiche Beispiele. Als erstes betrachten wir das Triphenylphosphan P(C6H5)3 (kristallin, farblos, wichtiger Ligand, vor allem in Katalysatoren). Dass P(C6H5)3 nicht die höhere C3v-Symmetrie (mit radialer oder alternativ mit tangentialer Rotationsstellung der Phenyl-Gruppen) einnehmen kann, hat sterische Gründe. Die höhere Symmetrie wird durch starke sterische Abstoßungen zwischen ortho-CH-Gruppen benachbarter Phenyl-Gruppen verhindert. Die tatsächliche Rotationsstellung entspricht einem dreiblättrigen Propeller mit C3-Symmetrie. Das Molekül ist also chiral. Es kann extrem leicht enantiomerisieren, indem die Phenyl-Gruppen sich in die entgegengesetzte Rotationsstellung drehen; eine Racematspaltung ist nicht möglich..

Unser zweites Beispiel knüpft an die Chemie der natürlichen Aminosäure (S)-Serin ( in älterer, aber noch viel gebrauchter Nomenklatur L-Serin). Diese Aminosäre (Abb. links) hat in β-Stellung eine Hydroxy-Funktion. Diese ermöglicht die Bildung eines Lactons (d.h. eines cyclischen Esters) aus drei Serin-Bausteinen (Abb. rechts). Das Lacton hat die Punktgruppe C3 und ist natürlich chiral.

Serin+Lacton

Wer mehr zu diesem Kapitel der Serin-Chemie erfahren will, sollte folgende Quellen nutzen:
Y. Tor, J. Libman, A. Shanzer, S. Lifson, J. Am. Chem. Soc. 1987, 109, 6517.
F. Vögtle, Supramolecular Chemistry, John Wiley & Sons, Chichester, 1991.

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