Moleküle mit Cnv-Symmetrie

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Für die Punktgruppe C2v gibt es sehr viele Beispiele. Die Urbeispiele sind die dreiatomigen, gewinkelten Moleküle von H2O, O3 und SO2. Weitere einfache Beispiele sind Phosgen OCCl2 (gasförmig, farblos, gefährliches Atemgift, wichtig in der organischen Synthese), Nitrylfluorid NO2F (gasförmig, farblos, stark oxidierend), Sulfurylchlorid SO2Cl2 (flüssig, farblos, billiges Chlorierungsmittel in der organischen Synthese). Besonders bemerkenswert unter den einfachen Anorganika sind noch Schwefeltetrafluorid SF4 (gasförmig, leicht zugänglich, ersetzt als Fluorierungsmittel Sauerstofffunktionen durch Fluor) und die Interhalogenverbindung Iodtrichlorid (flüssig, farblos, bildet sich beim Iodid-Nachweis mit Überschuss von Chlor). Sie werden sich erinnern: Der Strukturtyp dieser beiden Verbindungen leitet sich von der trigonalen Bipyramide etwa des PF5 ab. SF4 hat also nicht etwa C4v-Symmetrie, sondern ein stereochemisch aktives, einsames Elektronenpaar in der Äquatorebene und zwei Paare chemisch nicht äquivalenter F-Atome (pseudoaxial und pseudoäquatorial).

Schwefeltetrafluorid

Häufig entsteht C2v-Symmetrie aus Systemen höherer Symmetrie durch Substitution. So kommt man z.B. vom hochsymmetrischen Methan zum Dichlormethan CH2Cl2. Am Beipiel des Benzols (Abb. links) sehen wir, dass die Substitution in der Peripherie erfolgen kann, beispielsweise Ersetzung eines H-Atoms durch Chlor und Bildung von Chlorbenzol (Abb. Mitte; Bildung nicht nur formal, sondern auch als einfacher technischer Prozess). Sie kann aber auch im Gerüst plaziert sein, beispielsweise formale Ersetzung einer CH-Ecke durch ein N-Atom; das Ergebnis ist das Pyridin (Abb. rechts).

Benzol_Derivate

Moleküle der Punktgruppe C3v sind ebenfalls überaus häufig. Die einfachsten Beispiele sind trigonal-pyramidale Moleküle wie Ammoniak NH3 und die Phosphortrihalogenide wie z.B. PCl3 (farblos, flüssig). Viele Beispiele leiten sich von tetraedrischen Strukturen ab, z.B. Iodmethan CH3I (farblos, flüssig, lichtempfindlich, vielseitiges Methylierungsmittel, cancerogen), Chlorofom CHCl3 (flüssig, farblos, 1844 als erstes Narkosemittel in der Chirurgie eingesetzt, Lebergift), Phosphoroxidtrichlorid POCl3 (farblos, flüssig, für die Synthese von Insektiziden und Nervengiften verwendet, Weitergabe wird deshalb überwacht), Acetonitril CH3CN (farblos, flüssig, aprotisch-dipolares Lösungsmittel, guter Ligand in Komplexen, giftig).

Was gibt es sonst noch zu erwähnen?
– Gelegentlich treten auch Drehachsen höherer Zähligkeiten auf, etwa im Schwefelchloridpentafluorid SF5Cl (gasförmig, farblos, giftig) mit C4v-Symmetrie. Auch das ist wieder ein Beispiel für Symmetrieerniedrigung durch formale Substitution (vom regulär oktaedrischen Schwefelhexafluorid SF6 zum SF5Cl). Entsprechende Beipiele gibt es auch bei oktaedrischen Komplexen, z.B. das Bromopentacyanocobaltat(III)-Ion [CoBr(CN)5]3-. Eine fünfzählige Drehachse findet man im Thalliumcyclopentadienid (blassgelber Feststoff, im Vakuum sublimierbar, äußerst giftig, nützliches Cyclopentadienylierungsmittel) mit pentagonal-pyramidalen Molekülen von C5v-Symmetrie.
– Es dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass die Atome in fast allen Beispielen spezielle Lagen einnehmen. In der Gruppe C2v ist die allgemeine Lage vierzählig. Im Propan C3H8 (Abb. links) stehen die H-Atome an benachbarten C-Atomen "auf Lücke" zueinander, genau wie im Ethan. Im resultierenden Grundzustand des Moleküls gibt es drei Arten von H-Atomen im Verhältnis 2:2:4 und die letzten vier H-Atome sind in allgemeiner Lage. Ganz analog ist die allgemeine Lage in der Punktgruppe C3v sechszählig. Ein einfaches Beipiel ist das organische Phosphit P(OCH2)3CH (Abb. Mitte mit allen H-Atomen, Abb. rechts in der üblichen, abstrakteren Darstellung).

Phosphit

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